equinox

Roman, ca. 390 Seiten
K.H. Bock Verlag Reichenberger Str. 11 e 53604 Bad Honnef (022 24) 78 310

equinox

Der Roman EQUINOX von Wolfram Wickert, eine Familiensaga dreier Generationen, ist frech, frei und frivol geschrieben.
Hauptperson und Schelm, ein junger, jüdischer Unternehmer, heiratet zum Entsetzen aller die Tochter eines katholischen Metzgers; ein Glück, denn sie rettet ihm im Dritten Reich das Leben.

Sowohl jüdische als auch katholische Familie geraten unaufhaltsam in den Sog des Nationalsozialismus. Die einen zögernd oder notgedrungen, die anderen treten aus Begeisterung in die Partei ein. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, die Eroberung Europas und der Sahara zeigen bald: die Sieger fühlen sich im Recht. Die katholische Familie sitzt vor dem Volksempfänger, steckt Fähnchen auf Landkarten, um den Vormarsch der Soldaten, die Siege von Verwandten und Bekannten an der Front zu feiern. Alle sind sie mitmarschiert, sonst hätte die Wehrmacht in Europa nicht das unterste zu oberst kehren können! Auch in den besetzten Ländern singen zahlreiche Franzosen, Belgier und Holländer das Lied der Nationalsozialisten, solange diese im Zenit ihrer Macht stehen! Jene scheuen sich sogar nicht, jüdische Onkel, Tanten und Vettern zu verraten und nach Auschwitz in den Tod zu schicken.

Auf das Ende des Krieges folgt der Katzenjammer. Die katholischen Onkeln und Tanten bekrabbeln sich indessen und gaukeln ihren Kindern vor, als diese rebellisch werden, die Verbrechen der Nationalsozialisten seien ihnen "unerklärlich"; sie würden diese heute selbst nicht mehr verstehen und wüssten nur zu gut, dass sie von ihren jüdischen Verwandten keine Verzeihung erwarten könnten.

„Der jüdische Pfiffikus, die Hauptperson des Romans, der mit Hilfe seiner katholischen Frau Lisbeth überlebt, versucht nach dem Krieg die in alle Winde zerstreute jüdische Familie wieder an sich und an Deutschland zu binden. Über die Wiedergutmachungszahlungen weckt er zwar Interesse; aber erst durch die von der 68-er Generation entfesselten Diskussionen zur Bewältigung der Vergangenheit, über die Schicksale jüdischer Opfer und über den Widerstand gegen die Nazis, keimt ein neues, tieferes Vertrauen zur überlebenden Verwandtschaft im Ausland auf. Seine Frau Lisbeth wehrt sich gegen Vereinfachungen, fordert auch Denkmäler für die Helfer in den Städten und Dörfern, die unter Lebensgefahr vom Tod bedrohte Mitbürger versteckt und gerettet haben - und nicht nur für die Opfer und Widerständler allein.

Aber David, abgebrochenes Studium, Insolvenz eines Photokopiergeschäfts, Arbeitslosen- geldempfänger und gleichzeitig Schwarzarbeiter, ein Spätentwickler also, argwöhnt bald nach der Wiedervereinigung, dass die katholische Mischpoke ihr Engagement im III. Reich verschwiegen habe, damit sie in der Zeit nach dem Krieg ruhigen Gewissens schlafen könne. Er fände kaum Täter, die ihre Vergangenheit erzählten.

In der Tat ist der Roman unter der Prämisse zu verstehen, dass die USA die hohe Zahl von „Entnazifizierten“ begrüßte, weil eine BRD mit einer „demokratischen Bürgerschaft“ ein guter Bündnispartner der NATO zu werden versprach. Aber auch die Moskauer, von der DDR übernommene These, die Nazis seien niemals Deutsche, sondern „die Faschisten“ gewesen, hat die Eingliederung der DDR im Warschauer Pakt begünstigt. Wickert gibt nun nach der Wiedervereinigung auf grund von Familienerzählungen erstaunliche, aber logisch wirkende Antworten, die neue Blickwinkel auf unsere Vergangenheit, auf die Täter, öffnen und ein Nachdenken über neue moralische Ansätze notwendig werden lassen.“